Termin für den Räumungsprozess ist da – jetzt erst Recht: #syndikatbleibt!

Seit einigen Tagen steht der Termin für den Räumungsprozess des Syndikats. Nach der Liebig34, dem anarcha-queerfeministischen Hausprojekt in Friedrichshain, steht damit nun ein weiterer Prozesstermin eines von Zwangräumung bedrohten emanzipatorischen Projektes fest. Etwas verspätet teilen wir hier das Statement des Syndikats, welches ursprünglich auf deren Blog gepostet wurde.

Die Kollektive kämpfen schon lange gegen ihre Räumung und immer wieder kommt es zu solidarischen Aktionen, aber es sind noch nicht genug. Werdet aktiv und setzt euch mit unterschiedlichen Aktionformen für den Erhalt unserer Freiräume ein. Damit erst kurz vor den Prozessen anzufangen ist weitaus zu spät, der richtige Zeitpunkt ist jetzt.

Syndikat bleibt, Liebig bleibt & wir bleiben alle!

+++ Termin für Räumungsprozess steht fest: 29. Oktober 2019 | 12:00 Uhr | Raum 126 | Landgericht Berlin (Tegeler Weg 17-21, Moabit) +++ Kundgebungen kommenden Donnerstag vor Pears Global und vor dem Syndikat machen deutlich: Der nächste Schritt auf der Verdrängungsleiter lässt uns nicht resignieren, im Gegenteil, jetzt erst recht: #syndikatbleibt +++ Vormerken, Urlaub nehmen, Krankheit planen: Kundgebungen am Tag der Gerichtsverhandlung vor dem Gericht und im Schillerkiez +++

Wir wussten das der Tag kommen musste, nun ist er da: Nach dem anarcha-feministischen Hausprojekt Liebig34, hat das Syndikat als zweites, der akut bedrohten emanzipatorischen Projekte den Termin für die Gerichtsverhandlung bzgl. der Räumungsklage erhalten. Am 29. Oktober soll es nach dem Willen von Pears Global die richterliche Entscheidung geben, nach der dann irgendwann der 1. Räumungsversuch folgt.

Aber nach dem Willen von Pears Global hätten wir aber auch schon am 31. Januar 2018 die Schlüssel übergeben sollen. Ihr Wunsch ist uns offensichtlich nicht Befehl.

Syndikat vs. PearsGlobal – Zwei gehen rein, eine*r kommt raus

Wieso auch? Die letzten Monate seit der Kündigung haben uns in unserer Haltung bestätigt, dass unsere Existenz und der Wunsch unserer Nachbar*innen und Freund*innen nach unserem Verbleib weit mehr wiegt, als formale Besitzverhältnisse und Eigentumsinteressen anonymer Briefkastenkonstrukte. Auf der Habenseite bei uns stehen unzählige Solidaritätsbekundungen durch persönliche Gespräche, Briefe, E-Mails, Statements, Bilder, Transparente und Aktionen. Tausende Menschen haben für unseren Erhalt unterschrieben, auf Kundgebungen und Demonstrationen protestiert, in Nächten ihrer Wut direktere Ausdrucksformen verliehen, uns bei unseren Aktionen unterstützt, Plakate geklebt, Transparente gemalt, Infostände betreut und so vieles mehr.

Auf der Gegenseite steht: Nichts. Seit unserer Kündigung, unserer Recherche und der Enttarnung des Pears-Netzwerks als einer der größten Immobilienkonstrukte Berlins, herrscht vollkommene Funkstille. Vertreter*innen von Pears Global, sei es am Kurfürstendamm in Berlin, oder in ihrem Briefkastenfirmensitz in Luxemburg verweigern sich beharrlich jeder Kommunikation, sei es mit uns, mit Journalist*innen, oder Politiker*innen. Stattdessen geht ihre Anmaßung, über das grundlose Kündigen von Gewerbemietverträgen entscheiden zu wollen, wie unsere Kieze aussehen sollen und welche Gewerbe dort „reinpassen“ weiter, wie sich zuletzt beim Versuch gezeigt hat, unsere Nachbar*innen von La Battolab in der Okerstraße rauszuwerfen. Zum Glück für sie sehr dilletantisch und bislang vergebens. Das Firman Properties – so der Name der Briefkastenfirma aus dem Pears Netzwerk dem das Syndikat und die Weisestraße 56 offiziell gehört – dadurch munter weiter Rendite für die britische Milliardärsfamilie Pears scheffelt, während sie gleichzeitig durch ihr verschleiertes Konstrukt praktisch keine Steuern in Berlin zahlen, ist dann auch nur noch eine Randnotiz für die geneigte, rechtsstaatlich orientierte Leser*innenschaft. Laut einer Recherche des Tagesspiegel erzielte Firman Properties im Jahr 2017 1,2 Millionen Euro Einnahmen und zahlte dafür beachtliche 535 Euro Steuern. In Luxemburg.

Zusammengefasst: Auf der einen Seite eine sympathische Kiezkneipe, mit rustikalem Charme, kollektiver Zusammenarbeit und solidarischem Grundgedanken, seit 33 Jahren tief in der Nachbarschaft verwurzelt und von vielen tausend Menschen dort gewollt. Auf der anderen Seite das „verdeckte Imperium“ (Tagesspiegel) der 3 sympathischen Mittelständler (Friedrich März) Pears, die auf gewachsene Kieze und soziale Strukturen scheißen, uns durch ihren Gang in den kommunikativen Untergrund den Mittelfinger zeigen und für die unsere Existenz nur dafür gut ist, dass die nächste Jacht der 3 Brüder nochmal 10 Meter länger wird.

Wir glauben der Fall liegt klar. Und wenn das geltende (Gewerbemiet-) Recht dem widerspricht, weil es – Neoliberalismus sei Dank – in Paragraphen gegossenes Raubrittertum zugunsten des Kapitals und seiner Anhänger*innen ist, dann müssen wir freundlich, aber bestimmt sagen: We don‘t care. Es sind unsere Häuser, unsere Kieze, unsere Leben. Kein Vertrag, kein Gesetz, kein*e Eigentümer*in, kein Gericht sollte die Macht besitzen, darüber zu entscheiden und das zu zerstören, was so existenziell für unser Leben ist: das unmittelbare Lebensumfeld, die eigene Nachbar*innenschaft und die sozialen Netzwerke die dort bestehen.

#wirbleibenalle praktisch umsetzen

Glücklicherweise sehen nicht nur wir das so, sondern unzählige andere Menschen, Hausgemeinschaften, Kleingewerbe und radikale Projekte in der ganzen Stadt und darüber hinaus. Mieterhöhungen, Eigenbedarfsklagen, Kündigungen, Mieter*innenschikanen, Luxus-Neubau, Räumungsandrohungen werden immer öfter und immer offensiver zurückgewiesen und dagegen Widerstand geleistet. Von Aylin Autonomia bis Oma Meyer widersetzen sich immer mehr Menschen, mit den jeweils eigenen Möglichkeiten und Mitteln, aber immer öfter in solidarischer Bezugnahme und gegenseitiger Solidarität. Und immer öfter wird klar, dass die Grenzen, die uns Eigentumsverhältnisse, Verträge und Gesetze aufzeigen wollen, vollkommen an unseren Bedürfnissen vorbei gehen und damit auch nicht länger als alleiniger Maßstab unseres Handels dienen können.

Gemeinsam mit euch allen, kämpfen auch wir gegen unsere eigene Verdrängung, gegen die Zerstörung unserer Kieze, gegen eine Stadt der Reichen und für eine solidarische und selbstverwaltete Stadt von Unten. Und das wird sich durch den kommenden Prozess und den drohenden Räumungstitel nicht ändern, im Gegenteil!

Deshalb: Jetzt erst Recht: #syndikatbleibt! Gemeinsam, solidarisch und wütend zu den Kundgebungen gegen die drohende Verdrängung nach 33 Jahren kollektiver Kiezkultur von Unten.

Kommenden Donnerstag, 18. Juli:

  • Um 17:00 Uhr vor dem Sitz von Pears Global (Kurfürstendamm 177 | U Adenauerplatz)
  • Um 18:30 Uhr vor dem Syndikat (Weisestraße 56 | U Boddinstraße)

Und schon mal vormerken, Urlaub nehmen, Krankheit planen: Kundgebungen am Tag des Räumungsprozesses am 29. Oktober:

  • Um 11:00 Uhr am Landgericht Berlin (Tegeler Weg / Ecke Osnabrücker Str.)
  • Um 17:30 Uhr im Schillerkiez (Weisestr. / Ecke Herrfurthstr.)

Und natürlich geht es nicht nur um unseren eigenen Arsch. Deshalb genauso vehement für den Verbleib von Liebig34, Potse, Meuterei, Oranienspäti, Habersaathstraße, Rummelsburger Bucht, DieselA & Widerstrand, DaWoEdekaMaWa und alle die wir vergessen haben, aber sich ihrer drohenden Verdrängung widersetzen. Gemeinsam und solidarisch gegen Ausgrenzung, Verdrängung, Zwangsräumungen, rassistische Kontrollen, Überwachung und all die Widerlichkeiten die einer solidarischen Stadt von Unten im Wege stehen.

#wirbleibenalle praktisch werden lassen!

Syndikat, Juli 2019

Gleich drei Besetzungen am letzten Freitag: Gartensia, ZentralM & Elster

Letzten Freitag kam es zu insgesamt drei Besetzungen: Die Gartensia (Gartenstraße 7) in Tübingen, die Elster (Vogelsanger Str. 230) in Köln und die ZentraleM (Hafenstr. 70) in Münster. Nach unserem derzeitigen Wissensstand stehen alle drei Besetzungen noch. Auf dem laufenden bleiben könnt ihr unter

Gartensia: @gartensia7 & https://gartensia.noblogs.org/

Elster: @elster230

ZentraleM: @ZentraleM

Wir veröffentlichen hier aus Solidarität mit den Bestetzer*innen die Pressemitteilungen der Gartensia und der Elster. Leider konnten wir von der ZentraleM keine finden, fügen sie oder einen vergleichbaren Text aber gerne noch hinzu.


Pressemitteilung der Gartensia (Original hier):

Liebe Redaktion,

an diesem Freitag, den 19. Juli, wurde das große Haus in der Gartenstraße 7 in bester Lage mit Blick auf die Tübinger Neckarbrücke besetzt. Die Gewerberäume des Hauses stehen seit über 20 Jahren leer, die Wohnräume darüber sind seit mindestens 10 Jahren unbewohnt. Die Besetzer*innen haben das alten Gebäude nun liebevoll auf den Namen Gartensia getauft und direkt mit dem Putzen und Reparieren begonnen.

Vision

Hier gibt es Platz: Platz für gemeinschaftliches Wohnen und Zusammensein. Im Erdgeschoss soll ein Café entstehen, in dem sich Menschen jeden Alters unabhängig von der Größe ihres Geldbeutels willkommen fühlen. Vom Doppelkopf-Stammtisch bis zum Akustik-Konzert, Treffen von Gruppen oder neuen und alten Freund*innen, Filmabende, Diskussionsrunden, Yoga- oder Rückensportstunden… – wer eine Idee hat, kann sie hier umsetzen! Und wer einfach nur da sitzen möchte, ist frei auch genau das zu tun.

Aktueller Stand

Nach Gesprächen zwischen Ordnungsamt, dem Vertreter der Eigentümer*innen und Aktivist*innen ist klar, dass die Besetzung vorerst geduldet wird. Die Gärtner*innen, wie sie sich selbst nennen, setzen sich für eine langfristige soziale Nutzung der Räumlichkeiten ein und haben nicht vor, das Haus ergebnislos wieder zu verlassen.

Die Idee, den Leerstand zu beenden, trifft sowohl bei der Stadt, als auch in der Nachbarschaft auf allgemeine Zustimmung. Den ganzen Tag über durfte sich die Gartensia über viel Besuch freuen: Tübinger*innen jeden Alters und Hintergründe kamen zu Besuch, brachten Essen und Werkzeuge vorbei oder packten direkt selbst mit an. Die Gärtner*innen sind überwältigt von der Solidarität. “Es gibt viel zu tun und geschenkt werden wir das Haus wohl auch nicht bekommen. Die große Unterstützung, die wir hier erfahren gibt aber Zuversicht, dass wir eine Lösung finden werden. Gemeinsam können wir vieles schaffen!”, so Linda, die bereits seit Freitagvormittag im Haus ist.

Bis eine endgültige Lösung für das Wohnhaus gefunden ist, bieten die Besetzer*innen schon jetzt verschiedene öffentliche Veranstaltungen an. Am Sonntag wird das Café eröffnet und um 16.00 Uhr findet direkt eine Podiumsdiskussion unter dem Titel “Besetzungen als Chance” statt. Dabei wird zum einen über politische Handlungsmöglichkeiten, wie etwa das Züricher Modell gesprochen (Besetzungen können nur geräumt werden, wenn eine zeitnahe Nachnutzung garantiert wird), zum anderen werden Berichte aus der Praxis von Gästen aus Reutlingen, Stuttgart, Tübingen und Berlin erfolgen.

Hintergrund

Bereits 2015 kam es zu einer Besetzung der Gartenstraße 7, die allerdings ergebnislos beendet werden musste. Auch die Stadt hat mehrfach Gespräche mit den Eigentümer*innen angestrengt, die ebenfalls erfolglos blieben.

Weitere Fragen?

Kontaktiert uns gerne per Mail/Twitter/Facebook/Instragram oder kommt einfach vorbei!

Herzliche Grüße

die Gärtner*innen


Pressemitteilung der Elster (Original hier):

PM. Elster/Besetzung Vogelsanger Str. 230

Köln, den 21. Juli 2019
Pressemitteilung: Elster/Besetzung Vogelsanger Str.230

Besetzer*innen und Aktivist*innen waren beeindruckt vom Verlauf des Wochenendes und möchten sich bei allen Teilnehmenden, Unterstützer*innen und Nachbar*innen für die Tatkraft, positive Resonanz und Spenden bedanken!

Doch bei dem Wochenende soll es nicht bleiben! Alte und neue Initiativen und Personen haben bereits eine Zukunftsvision für die Elster entwickelt. Wir fordern in der Elster einen Raum für soziale und politische Initiativen, sowie Wohnraum für FLINT-Personen!
Die Abkürzung FLINT steht für: Frauen, Lesben, Inter-,Nicht-binäre und Transpersonen; also genau die Menschen, die von patriarchaler und struktureller Diskriminierung in allen Lebensbereichen besonders betroffen sind. Schon jetzt existiert in der Elster eine FLINT-Etage, die unsere Vision bereits praktisch lebt. Alle interessierten FLINT-Personen sind herzlich eingeladen, dieses Projekt weiter mitzugestalten.

Bewohner*innen für die Wohnungen gibt es bereits. „Die Frauen der 1006“, eine Gruppe obdachloser Frauen, die in der Vergangenheit – angefangen bei der Bergisch-Gladbacher Straße 1006 – selbst 4 Häuser besetzten.
Leider wurden all ihre Besetzungen nach kürzester Zeit geräumt und die Stadt beanspruchte die 4 Immobilien für eigene Projekte, ohne Möglichkeit einer Beteiligung.

Doch diesmal fordern wir, dass das Projekt Elster in Selbstverwaltung weitergeführt wird!

Darüber hinaus ist uns bekannt, dass der AGISRA e.V., eine Beratungsstelle für u.a. von Rassismus betroffenen Frauen, bis Oktober diesen Jahres ihre Räumlichkeiten gekündigt wurde. Wir verurteilen diese Kündigung und hoffen, dass AGISRA e. V. in ihren Räumen verbleiben kann und weiterhin ihre volle Energie in die unersetzliche Beratung einbringen kann.
Sollte dies nicht gelingen, findet sich der dringend benötigte Raum auch in der Elster. In diesem Fall laden wir AGISRA e.V. herzlich ein, mit uns gemeinsam ein feministisches Zentrum zu schaffen.
Auch ASSATA im Hof, der politische FLINT-Raum im Kartäuser Wall 18, als solidarische Unterstützer*in der Elster, denen ebenfalls die Räume gekündigt wurden, wünschen wir viel Kraft und Unterstützung, um an ihrem Ort zu verbleiben!

Der Kontakt mit Vertreter*innen der Stadt wurde hergestellt und wir hoffen, dass die Verantwortlichen ihrer sozialen Verpflichtung nachkommen und uns nach Kräften unterstützen. Dass dies möglich ist, beweist die ehemalige Besetzung der Zülpicher Strasse 290. Dort wohnen inzwischen Geflüchtete und es existiert ein selbstverwaltetes Hausprojekt zu niedrigen Mieten.
Die Liste der von Entmietung und Verdrängung bedrohten Personen und Projekten, wie zum Beispiel dem Autonomen Zentrum und den Kölner Wagenplätzen ließe sich endlos weiterführen…
All diese bedrohten Personen und Projekte haben eins gemeinsam – die Verdrängung aus Profitinteresse heraus.

Die Vermutung, dass die Elster sich im Eigentum des Immobilienentwicklers Aurelis Real Estate GmbH&Co.KG befindet, liegt nahe. Aurelis ist seit über 10 Jahren im Besitz vieler ehemaliger Bahn- Immobilien und Grundstücke, die sie gewinnbringend entwickelt und vermarktet. Damit ist die Aurelis eine große Akteurin im fortschreitenden Verdrängungsprozess.
Wie auch immer die Eigentumsverhältnisse sind, fordern wir die Deutsche Bahn/Aurelis/ sonstige mögliche Eigentümerinnen auf, mit uns zu verhandeln, anstatt uns direkt auf die Straße zu setzten!

Wir haben die Schnauze voll! Wir organisieren den aktiven Milieuschutz, praktische Solidarität und Selbstverwaltung in Mitten des Kölner Silicon Valleys – Ehrenfeld!

Wir freuen uns weiterhin über Unterstützung und laden alle ein, die Dinge in den Veedeln selbst in die Hand zu nehmen!

Die Elster